Müssen Bagatellerkrankungen angezeigt werden?
„Eigentlich bin ich gesund, bis auf ein paar Bagatellerkrankungen hatte ich nichts und hier wurde mir von einem Vermittler gesagt, dass so etwas nicht anzeigepflichtig ist.“ Das ist keine seltene Kundenaussage.
Sind Bagatellerkrankungen in der PKV nicht anzeigepflichtig? Was Sind eigentlich Bagatellerkrankungen?
Wie erheblich sich auch vermeintliche Bagatellerkrankungen auf den Versicherungsschutz auswirken können, möchte ich Ihnen anhand des Ergebnisses einer hierfür durchgeführten Ausschreibung zeigen:
Unser Musterkunde fragte nach bestmöglichem Versicherungsschutz und hatte folgendes angegeben:
Männlich geb. 01.04.1975 Größe: 178 Gewicht: 80 Keine Kinder / Ledig
- 06.2008 und 02.2010 Fußpilz – nach Behandlung mit Lamisil Salbe innerhalb von ca. 2 Wochen abgeklungen / ausgeheilt, keine Folgebeschwerden
- Weitsichtigkeit mit Hornhautverkrümmung (Augen/Astigmatismus) Dioptrien li 2,50 / re 1,75
- 12.2007 Sodbrennen (erstmalig / einmalig und kurzzeitig nach Weihnachtsfeiertagen) Behandelt mit Maaloxan Liquid (Empfehlung Apotheke, nicht verschreibungspflichtig/ein Tag) seither beschwerdefrei und nicht mehr aufgetreten. (keine ärztliche Untersuchung)
- Kopfschuppen – nicht ärztlich behandelt/untersucht- treten nicht auf wenn Antischuppen Schampon verwendet wird (Sebamed)
- 09.2009 Dornwarze entfernt gelasert, ausgeheilt, keine Folgebeschwerden
- Lippenherpes – tritt maximal 1-2 mal jährlich auf lässt sich aber mit Zovirax gut behandeln und ist dann nach wenigen Tage auskuriert.
- Leichte Nasenscheidewandverbiegung (Nebenbefund, ohne klinische Relevanz) keine Behandlungs-bedürftigkeit, keine Beschwerden. Diagnostiziert Frühjahr 2002 als Nebenbefund bei Untersuchung wegen Gripp. Infekt mit Schnupfen.
- Senk-Knickfuß, Tragen von Einlagen, seit 2003 keine Folgebeschwerden (nicht ärztlich untersucht – wurde im Schuhgeschäft empfohlen)
Nichts besonderes, oder?
Hier das Ergebnis der Ausschreibung, bei der 14 Versicherer angefragt wurden:
6 mal wurde der Kunde abgelehnt
2 mal wurde ein Zuschlag in € angegeben (52,10 und 55,00)
4 mal wurde ein prozentualer Zuschlag angeboten.
- Tarifabhängig zwischen 65% und 80%
- Tarifabhängig zwischen 38% und 49%
- Tarifabhängig zwischen 33% und 37%
- Zuschlag 20%
1 mal wurde ein prozentualer Zuschlag von 10% und einer befundbezogene Reduzierung der stationären Leistungen auf gesetzliches Leistungsniveau angeboten
1 Versicherer war bereit den Kunden ohne Zuschläge zu versichern.
Fairer Weise muss ich dazu erläutern, dass viele Versicherern nicht nur die Schwere einer Vorerkrankung beurteilen, sondern auch Anzahl von Vorerkrankungen. Zudem sind 2 der genannten Erkrankungen nicht so harmlos wie diese dem Laien erscheinen, aber mir geht es ja in dem Bericht nicht nur um Risikobeurteilung, sondern in erster Linie darum Ihnen zu zeigen, wie schnell man sich bei vermeintlichen Bagatellerkrankungen irren kann.
Welche Versicherer hier angefragt wurden und wie die einzelnen Erkrankungen bewertet wurden ist nicht so erheblich, denn eine Risikoprüfung ist immer individuell und ein Versicherer, der hier abgelehnt hat, kann bei einer anderen Vorgeschichte durchaus zu den Anbietern gehören, die dann den günstigsten Vertrag anbieten.
Der Test soll Ihnen auch wesentliche Punkte aufzeigen:
1) Ob eine Erkrankung, auch eine vermeintliche „Bagatellerkrankung“ Einfluss auf die Entscheidung eines Versicherers hat, kann nur der Versicherer entscheiden; nicht Sie, und auch nicht ein Vermittler
2) Es sollte immer eine individuelle Prüfung stattfinden und in einer Ausschreibung (ggf. anonym) die Versicherbarkeit geprüft werden
3) In den meisten Fällen gibt es mindestens eine Lösung.
Welche Auswirkungen übrigens das Verschweigen einer Erkrankung haben kann, können Sie u.a. in meinen Blogbeiträgen
Gesundheitsfragen richtig beantworten
Vorvertragliche Anzeigepflicht / Gesundheitsprüfung
Anzeigepflicht verletzt, was nun?
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